Ungünstiger hätten die Vorzeichen für eine Tarifrunde kaum sein können. Eine Wirtschaftskrise im Zuge eines Krieges, große Unsicherheit über die weitere Entwicklung und eine Inflationsraten von zehn Prozent im September 2022 – das war die Begleitmusik beim Start der Verhandlungen im September 2022.
Zuvor hatte die IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen schon einen Pflock eingeschlagen und im Juni eine Lohnerhöhung um acht Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten gefordert. Als „völlig unangemessen“ hatte der VME-Vorstandsvorsitzende und Verhandlungsführer Stefan Moschko dies kritisiert.
Trotz der zu Beginn großen Differenzen kamen beide Seiten am Ende doch noch zu einer akzeptablen Lösung. Sie ist für die Betriebe sehr fordernd, ermöglicht aber eine automatische Differenzierung in wirtschaftlich schwierigen Lagen. Außerdem bietet sie Planungssicherheit durch die Laufzeit von 24 Monaten.
Die Kernpunkte des Kompromisses, den zuerst die Tarifparteien in Baden-Württemberg im November 2022 als Pilotabschluss gefunden haben, sind erstens eine Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro, die steuer- und sozialabgabenfrei fließt. Sie wurde aufgeteilt in zwei Tranchen à 1500 Euro, zahlbar am 1. März 2023 und am 1. März 2024. Dabei ist auch eine zeitliche Verschiebung möglich.
Die Tariflöhne steigen außerdem in zwei Schritten zunächst um 5,2 Prozent ab dem 1. Juni 2023 und um weitere 3,3 Prozent ab dem 1. Mai 2024.
Vor allem durch die Flexibilität der Inflationsausgleichsprämie können die Arbeitgeber die Belastung steuern – durch unterschiedliche Stichtage und Auszahlungszeitpunkte. Hinzu kommt die automatische Differenzierung. Das hatte sich bereits bei der vorhergehenden Tarifrunde bewährt. Die Unternehmen können das Tarifliche Zusatzgeld B aussetzen, wenn ihre Netto-Umsatzrendite unter der Marke von 2,3 Prozent lag. Gesonderte Verhandlungen mit den Arbeitnehmern darüber sind nicht nötig.
Der Weg bis es zu dieser Einigung war aber lang. „Ich verhandle seit 2007 über Tarifverträge, doch so schwierig wie jetzt war die Ausgangslage noch nie“, befand Moschko kurz vor Verhandlungsbeginn im Interview mit dem „Tagesspiegel“.
Zwar waren die Arbeitgeber mit einer Kampagne unter dem Motto „Zusammen nach vorn“ in die Tarifrunde gezogen, um an das Zusammengehörigkeitsgefühl von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in den Betrieben zu appellieren. Das hinderte die IG Metall indes nicht daran, an ihrer Acht-Prozent-Forderung festzuhalten.
Das sei „ein Ding der Unmöglichkeit“, sagte Moschko zu Beginn der Verhandlungen Ende September. Er verwies darauf, dass die Produktion noch immer um zwölf Prozent unter dem Niveau von 2018 liege, die Produktivität auf dem Stand von 2015.
Auch in der zweiten und in der dritten Verhandlungsrunde gab es wenig Bewegung. Die Unternehmen blickten nervös auf den Winter, weil angesichts der Energieknappheit womöglich eine Rationierung von Gas ins Haus stand. Die Arbeitgeber boten der IG Metall in der dritten Runde einen Inflationsausgleich von 3000 Euro an und zudem eine Tariferhöhung in nicht genannter Höhe.
Ende November war es dann so weit. Nach dem Pilotabschluss im Südwesten gab es auch für die 100.000 Beschäftigten in Berlin und Brandenburg eine Einigung. Das Verhandlungsergebnis sei für die Branche „schmerzhaft, aber gerade noch vertretbar“, sagte Verhandlungsführer Moschko. „Es war uns auch wichtig, auf die Sorgen der Beschäftigten angesichts der Geldentwertung einzugehen“, ergänzte er. Erreicht haben die Arbeitgeber zudem, dass sich die Tarifpartner wieder ein einen Tisch setzen, sollte es während der Vertragslaufzeit zu einer Energie-Notlage kommen.
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